Hallo, stell dich doch bitte kurz vor!
Ich bin die Rübe (Forenname), 56 Jahre alt und komme aus dem Rheinland. Ich nehme Sexarbeit im Wohnungsbordell (Girlfriend-Experience), Terminwohnungen, Escort, Sauna- und FKK-Clubs in Anspruch. Ich bin seit ungefähr 17 Jahren im P6 unterwegs, ich besuche ca. 2 x im Monat Sexarbeiterinnen
Was sind deine Beweggründe, sexuelle Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen?
Ich bin fasziniert von Frauen. Sex ist für mich ein Grundbedürfnis, welches meine Frau nicht umfänglich befriedigen kann. Es sind die Berührungen, die leidenschaftlichen Küsse wonach es mich verlangt.
Eine „normale“ Affäre kommt für mich nicht in Frage, da diese meine ansonsten funktionierende Partnerschaft mit meiner Frau gefährden würde. Auch Swingerclubs kommen nicht in Frage, da ich glaube, dass auch hier die Gefahr besteht, dass Gefühle zwischen den Sexpartnern entstehen könnten.
Welchen Stellenwert hat Sexarbeit für dich in deiner aktuellen Lebenssituation?
Ich kann mir mein Leben ohne den regelmäßigen Besuch von Sexarbeiterinnen nicht mehr vorstellen. Meine sexuellen Bedürfnisse werden bis jetzt von den Sexarbeiterinnen vollständig erfüllt. Ich bin dadurch im Alltag entspannter. Einen Verzicht auf Sex kann ich mir nicht vorstellen. Bei Selbstbefriedigung fehlt mir die Interaktion mit einem Partner, daher greife ich auch nur im absoluten Notfall auf Pornos zurück.
Welche Erwartungen und/oder Befürchtungen hattest du vor deinem ersten Besuch bei einer/m Sexarbeiter*in?
Ich wollte nach mehrjähriger ungewollter Enthaltsamkeit mal wieder eine Frau spüren, da mir das sehr gefehlt hat. Ich war sehr aufgeregt und hatte mir vorher in einem Internetforum Tipps geholt. Damals hatte ich die Befürchtung, dass meine Frau die Sache herausbekommt. Auch hatte ich eine gewisse Befürchtung, dass ich mir bei einer Sexarbeiterin irgendwelche Krankheiten einfange. Auch hatte ich die Befürchtung, dass die Sexarbeiterin nicht meinen optischen und menschlichen Ansprüchen gerecht wird.
Welche sind in Erfüllung gegangen, welche nicht?
Die Escort-Dame in der Terminwohnung entsprach nur zum Teil meinen optischen Vorstellungen. Da ich keine besonderen Wünsche vor der Buchung geäußert habe, war der Sex mit Ihr zwar nicht schlecht, jedoch nicht überragend.
Die Berührungen der Sexarbeiterin waren genau so, wie ich sie haben wollte und ich bin nach einer Stunde sehr befriedigt wieder gegangen. Es war für mich wie eine Befreiung aus einem Gefängnis. Endlich hatte ich wieder Sex.
Was ist dir wichtig bei der Entscheidung für eine(n) Sexarbeiter*in?
Sie sollte gewisse optische und menschliche Eigenschaften haben. Die Chemie zwischen uns muss stimmen. Außerdem sollte Sie meine Servicewünsche erfüllen können. Hierbei bin ich aber gewillt, Abstriche beim Service zu machen, wenn ich bei der Frau ein gutes Bauchgefühl habe.
Was für mich zum Service dazu gehören muss, sind Zungenküsse und Lecken, hier bin ich nicht bereit Kompromisse einzugehen.
Ich bevorzuge Frauen um die 30+ mit einem gepflegten Aussehen. Bei der Anbahnung versuche ich ein Gespräch mit der Dame zu führen. Da ich der englischen Sprache mächtig bin, kann ich das Gespräch auch so führen. Ohne eine direkte sprachliche Kommunikation werde ich von der Buchung Abstand nehmen.
Welche Tips hättest du selbst gerne vor deinem ersten Besuch bei einer/m Sexarbeiter*in bekommen?
Dass bei der Anbahnung und auch bei der Buchung um verlässliche, klare Absprachen getroffen werden. Ich habe bei meinem ersten Besuch nicht klar kommuniziert, um was es mir geht und welchen Service ich gerne in Anspruch nehmen möchte. Heute ist mir klar, dass ich damals zu schüchtern und vielleicht auch zu überrumpelt war.
Was hat dich überrascht?
Ich war von der klaren offenen Kommunikation der Sexarbeiterin überrascht. Diese Professionalität beim Sex war mir zu dem Zeitpunkt neu. Mein Frauenbild hat sich nicht nur durch die ersten Besuche bei Sexarbeiterinnen stark geändert.
Ich halte Sexarbeiterinnen heute für Personen, die ganz klar kommunizieren, was geht und was nicht geht. Ich vertrete mittlerweile die Ansicht, dass der Dienstleistungsvertrag bei einer Sexarbeiterin, wohl zu den ehrlichsten Absprachen zählt, die es gibt.
Wie läuft ein Treffen mit einer/m Sexarbeiter*in bei dir typischerweise ab?
Bei meiner Stammsexarbeiterin in einem Wohnungsbordell rufe ich an und frage nach einem Termin ein paar Tage später.
Bei der Ankunft führt mich die Hausdame in ein Zimmer. Ich werde nach einem Getränkewunsch gefragt. Kurze Zeit später erscheint meine Stammsexarbeiterin. Wir begrüßen uns und besprechen die Serviceleistung. Es findet dann eine Geldübergabe für die gebuchte Zeit statt.
Die Sexarbeiterin nimmt das Geld und verlässt kurz das Zimmer. Bei ihrer Wiederkehr führt die Sexarbeiterin eine Tasche mit, in der Utensilien wie Kondome, Gleitgel und Sexspielzeuge enthalten sind.
Nach einer Mundspülung von beiden Partnern gehen wir zusammen unter die Dusche, die sich auch in dem Zimmer befindet. Während der Dusche werden die ersten Berührungen und Zärtlichkeiten ausgetauscht. Nach dem Duschen gehen wir zusammen aufs Bett und haben Sex.
Während der vereinbarten Buchungsdauer haben wir nicht nur Sex, sondern wir unterhalten uns auch über private Dinge. Da ich schon längere Zeit zu meiner Stammsexarbeiterin gehe, hat sich hier ein großes Vertrauensverhältnis aufgebaut und wir wissen so einiges von dem anderen. Jedoch wahren wir beide bestimmte „rote Linien“, die wir beide respektieren.
Nach der vereinbarten Zeit ziehen wir uns an und die Sexarbeitern verlässt das Zimmer. Kurze Zeit später erscheint die Hausdame und fragt, ob alles in Ordnung ist.
Ich werde von der Hausdame dann zur Ausgangstür gebracht.
Während der Zeit in dem Wohnungsbordell ist mir noch nie ein anderer Gast begegnet.
Gibt es ein besonders schönes Erlebnis, das du als Kunde von Sexarbeiter*innen gemacht hast, das du mit uns teilen möchtest?
Jeder Besuch bei Sexarbeiterinnen ist anders. Selbst wenn man, wie ich, schon längere Zeit zu den gleichen Damen geht, ist jeder Besuch anders. Das finde ich besonders schön und so bleibt mir jeder Besuch in Erinnerung.
Inwiefern hat Sexarbeit dein Leben auch über die rein sexuellen Erlebnisse hinaus bereichert?
Mein Frauenbild hat sich seit meinen Besuchen bei Sexarbeitern verändert. Mein Verhalten gegenüber Frauen ist entspannter geworden. Da ich meine sexuellen Wünsche heute bei Sexarbeiterinnen befriedigen kann, suche ich im Alltag nicht mehr nach eventuellen Sexualpartnerinnen. Das führt dazu, dass ich mich gegenüber Frauen ganz anders verhalte. Von Frauen höre ich oft, dass ich ein sehr guter und angenehmer Zuhörer bin. Das war vor meinen Besuchen bei Sexarbeiterinnen anders.
Nicht nur Sexarbeiter*innen, sondern auch deren Kund*innen werden in unserer Gesellschaft häufig stigmatisiert. Wie gehst du damit um? Gibt es Menschen in deinem Umfeld, die wissen, dass du sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nimmst? Wie fiel deren Reaktion aus? Hast du selbst stigmatisierende Erfahrungen gemacht?
Meine engere Familie (Ehefrau, Tochter und Schwester) wissen es. 3 sehr gute Freunde wissen davon. In diesem Kreis habe ich bis heute nie negative Erfahrungen gesammelt.
In meinem Bekanntenkreis sieht es da schon anders aus. Wenn wir dort auf das Thema Sexarbeit zu sprechen kommen, höre ich sehr häufig von Zwang und Ausbeutung. Zwar versuche ich gelegentlich einige Argumente dagegenzuhalten, jedoch muss ich dort sehr vorsichtig sein, da ich meinen hart erarbeiteten Status in der Gesellschaft nicht verlieren möchte.
Weiß dein(e) Lebensgefährt*in, dass du sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nimmst? Wie geht ihr in eurer Partnerschaft mit diesem Thema um?
Ja, dazu habe ich für die Initiative auch einen Beitrag geschrieben, der auf der Webseite veröffentlicht wurde. Auch meine Frau hat hier einen Beitrag dazu veröffentlicht.
In der Politik wird aktuell über die Einführung eines Sexkaufverbots nach Vorbild des Nordischen Modells diskutiert. Was würde das für dich bedeuten?
Es würde für mich bedeuten, dass ich mich strafbar mache, wenn ich sexuelle Dienstleistung in Anspruch nehmen würde. Sollte ich jemals dabei erwischt werden, könnte ich meinen gesellschaftlichen Status verlieren.
Jedoch ist mein Verlangen nach dieser Dienstleistung so groß, dass ich dieses Risiko eingehen werde.
Warum engagierst du dich in der „Initiative Kundschaft pro Sexarbeit“ gegen die Einführung eines solchen Modells?
Weil es doch nicht sein kann, dass Menschen ihre freiwillige Art zu leben genommen wird, nur weil dieses einigen Menschen nicht in ihre Moralvorstellungen passt.
Bei der Sexarbeit geht es um Konsens. Es geht darum, freiwillig Zeit mit einem oder mehreren Menschen zu verbringen. Dass dieses für Geld passiert mag einige Menschen abschrecken, jedoch stellt sich für mich dann die Frage: Was geht Euch das an?
Niemand tut Euch weh.
Hier geht es um Menschen, die für eine gewisse Zeit Dinge machen, die abgesprochen sind.
Einige Menschen betrachten Sexarbeit als grundsätzlich moralisch verwerflich und befürworten deshalb die Einführung eines Sexkaufverbots. Was würdest du diesen Menschen erwidern?
Moral ist etwas, was sich mit der Zeit ändert. Jede Gesellschaft, in der Menschen leben, schafft Moralvorstellungen. Sollten wir nicht so tolerant sein, dass wir erwachsene Menschen so leben lassen, wie sie möchten?
Wie könnte aus deiner Sicht von politischer Seite sichergestellt werden, dass auch in Zukunft sowohl Sexarbeiter*innen als auch deren Kunden einvernehmlich sexuelle Dienstleistungen anbieten bzw. wahrnehmen dürfen und trotzdem effektiv gegen Zwang und Gewalt in der Sexarbeit vorgegangen werden kann?
Die Sexarbeit muss aus dem „Dunkelfeld“ geholt werden. Sichtbarkeit schafft Sicherheit. Zwang, Gewalt und Ausbeutung müssen in der gesamten Gesellschaft härter bestraft werden.
Hast du selbst schon einmal schwierige Situationen als Kunde von Sexarbeiter*innen erlebt? Wie bist du damit umgegangen?
Nein, nie.
Wie müsste sich die gesellschaftliche Debatte verändern, damit Stigmatisierung und Diskriminierung für alle Beteiligten in der Sexarbeit zukünftig abgebaut werden kann?
Vielleicht müssen sich mehr Kunden von Sexarbeitern outen und in einer offenen Debatte darüber reden, was in der Sexarbeit wirklich passiert. Die Meisten kennen Sexarbeit doch nur aus dem „Tatort“.
Ich bin noch nicht bereit dazu, jedoch wird der Zeitpunkt bei mir kommen. Noch bin ich im Berufsleben und bin in meiner Stadt sehr bekannt.
