Die Welt der erotischen Massagen
Ein nicht unerheblicher Teil der Prostitution spielt sich im Bereich der erotischen Massagen ab.
Der Gesetzgeber definiert Prostitution als Verkauf von sexuellen Handlungen aller Art – folgerichtig auch die erotischen Massagen, denn diese umfassen in der Regel auch etwas, was oft mit „HE“ abgekürzt wird und „Happy End“ oder „Handentspannung“ bedeutet. Deshalb müssen sich auch die betreffenden Masseur*innen als Prostituierte anmelden und in einigen Bundesländern sich regelmäßig in einem Beratungsgespräch fragen lassen, ob sie das denn auch wirklich wollen oder lieber „aussteigen“ würden.
Salons für erotische Massagen gibt es wie Sand am Meer – allerdings muss man aufpassen. Es gibt zwar viele Thailänderinnen, die erotische Massagen verkaufen, aber das heißt noch lange nicht, dass JEDE Thailänderin erotische Massagen verkauft. Es gibt auch zahllose Salons für traditionelle Thai-Massagen, die in Tempeln gelehrt werden und allein gesundheitliche Aspekte haben. Es wäre extrem unhöflich, eine traditionelle Masseurin nach erotischen Dienstleistungen zu fragen. Am besten schaut man, ob ein Massagesalon eine Internetseite hat, in der die angebotenen Dienste aufgelistet sind. Auch der Preis kann bei der Unterscheidung hilfreich sein: eine erotische Massage ist selten für weniger als 100 Euro pro Stunde zu bekommen, eine traditionelle Thai-Massage kostet deutlich weniger.
So viele Salons für erotische Massagen es gibt, so unterschiedlich können auch die Masseurinnen und ihre Massagen sein. Normalerweise wird während der erotischen Massage beiderseits auf sämtliche Kleidungsstücke verzichtet, und jeglicher Geschlechtsverkehr wird ausdrücklich ausgeschlossen. Ausnahmen in beiden Punkten bestätigen die Regel. Viele Prostituierte verkaufen ausschließlich erotische Massagen, weil sie Sex mit fremden Männern prinzipiell ablehnen – besonders wenn sie in einer Partnerschaft leben.
An dieser Stelle muss ich auf das Buch „Sexkauf“ von Prof. Dr. Elke Mack und Prof. Dr. Ulrich Rommelfanger eingehen. Offensichtlich schützt weder eine Dissertation, eine Habilitation noch eine Professur davor, Opfer von falschen Klischeebildern zu werden. In dem Buch wird die Behauptung aufgestellt, dass Prostitution gegen das Grundgesetz verstieße, weil die Prostituierte dabei von ihrem Kunden zu einem Objekt gemacht würde, was gegen ihre Persönlichkeitsrechte verstieße. Es sollte jedoch wohl einleuchten, dass ein Kunde, der völlig passiv auf der Matratze liegt und sämtliche Aktivitäten der Sexarbeiterin überlässt, ganz allein nur sich selbst zum Objekt macht!
Aber zurück zu den Massagesalons. Man glaubt nicht, wie unterschiedlich so etwas sein kann. Jede Masseurin ist anders und hat andere Gewohnheiten und Massagetechniken. Es kann sogar vorkommen, dass gewisse Techniken, die von vielen Masseurinnen ganz unverlangt und standardmäßig eingesetzt werden, von anderen Masseurinnen als (so wörtlich) „pervers“ abgelehnt werden. Dann sollte man natürlich darauf verzichten. Dies gilt besonders für die oft angebotene so genannte Body-to-Body-Massagen, oft auch als Body2Body abgekürzt. Dabei werden nicht nur die Hände zum Massieren benutzt, sondern (nach Gebrauch von reichlich Massageöl) der ganze Körper – ein ganz besonders intensiver Genuss.
Eine Variante, die in manchen Studios angeboten wird, ist die Nuru-Massage. Statt Massageöl wird das besonders gleitfähige Nuru-Gel verwendet, das aus den essbaren Nori-Algen gewonnen wird. Es ist geruchlos und leicht abwaschbar.
Eine weitere Variante der erotischen Massage ist die Tantramassage. Sie hat ihre ursprünglichen Wurzeln in der indischen Kultur: in Esoterik, Meditation, Yoga. Tantra verbindet Sinnlichkeit mit Spiritualität. So unterscheidet sich die Tantramassage auch deutlich von der erotischen Massage in mehreren Punkten:
1.) Tantramasseur*innen haben eine teure Ausbildung absolviert
2.) Tantramassagen sind teurer als erotische Massagen, denn die Kosten für die Ausbildung sollen sich amortisieren
3.) Tantramassagen sind nicht einfach nur Massagen, sondern eine Reise durch die Welt der Genüsse
4.) Aus diesem Grund dauern Tantramassagen mindestens 90 Minuten
5.) Die Genüsse stehen im Vordergrund, die oben erwähnte „Handentspannung“ ist Nebensache
In der Tat hat Tantra viel mehr mit Wellness zu tun als mit Erotik, auch wenn die Masseur*innen und die Kund*innen grundsätzlich unbekleidet sind. Aus diesem Grund versucht der Tantramassage-Verband e.V. zu erreichen, dass Tantramassagen nicht mehr länger zur Prostitution gezählt werden.
Tantramassagen beginnen grundsätzlich mit einem Vorgespräch, in dem zuerst klargestellt wird, dass allein die Masseurin bzw. der Masseur aktiv ist und dass die Kundin bzw. der Kunde sich passiv zu verhalten hat. Außerdem wird vereinbart, was geschehen soll und was nicht. Ein wichtiger Punkt ist dabei, ob auch der Lingam bzw. die Yoni in die Massage einbezogen werden soll – mit diesen Wörtern werden die Geschlechtsteile von Männern bzw. Frauen bezeichnet. Nach dem Duschen hüllt man sich in einen Bademantel. Dann beginnt ein Ritual, in dem sich beide Personen voreinander verbeugen und „Namaste! Ich verehre deinen Köper“ sagen, anschließend fallen die Bademäntel, und dann legt man sich auf die Matratze und lässt sich verwöhnen. Aber längst nicht nur mit Massagen. Man wird zum Beispiel mit Pfauenfedern und Seidentüchern gestreichelt, der Körper wird mit warmen Steinen belegt… es ist wie eine genüssliche Reise ins Ungewisse, wo der Zug immer wieder stehen bleibt und man Unbekanntes kennenlernen und erleben darf.
Erotische Massagen sind ein Gebiet, auf dem sich die Absurdität der klischeehaften Argumente der Sexkaufgegner*innen besonders drastisch bloßstellt. Hier zeigt sich, wie hauchdünn die Grenze zwischen Prostitution und Nicht-Prostitution ist. Eine Wellness-Massage, wie man sie z.B. in jedem besseren Hotel buchen kann, ist eine ganz normale Dienstleistung. Aber sobald sich die massierende Hand in den Intimbereich der Kund*innen hinein bewegt, handelt es sich um eine bezahlte sexuelle Handlung und somit laut Gesetzgeber um Prostitution. Das bedeutet: diese kleine Handbewegung verwandelt den braven Kunden in einen brutalen Freier, die Masseurin in eine von einem Zuhälter ausgebeutete Sexsklavin und die Massage in eine widerliche Arbeit, die die Psyche der Masseurin schädigt – jedenfalls nach Auffassung der Sexkaufgegner*innen.
Oft gestellte provokante Frage: „Würden Sie Ihrer Tochter ein Schnupper-Praktikum in der Prostitution empfehlen?“ Meine Antwort: „Ja natürlich. Wenn sie Spaß am Massieren hat, könnten erotische Massagen doch das richtige für sie sein!“ Erotische Massagen sind eine sehr lukrative Verdienstmöglichkeit als Hauptberuf wie auch als Nebentätigkeit. Mit ihnen lässt sich fast doppelt so viel Geld verdienen wie für eine reine Wellness-Massage – und das ohne eine lange und qualifizierte Ausbildung.
Zum Abschluss noch eine Anekdote: eine Masseurin erzählte mal von einem Kunden, der gar nicht massiert werden wollte. Sie sollte sich einfach nur nackt auf die Matratze legen. Dann packte er ein paar kleine Spielzeugautos aus seiner Tasche und rollte sie auf ihrem Körper hin und her. Das war alles. Nach einer Stunde packte er die Autos wieder ein und verschwand. Ja, auch das ist Prostitution.