Was eine wissende Ehefrau über P6 und das „nordische Modell“ denkt
Also um es kurz zu machen: von dem nordischen Modell halte ich gar nichts. Es ist einfach so, dass damit eine große Zahl von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern in den Untergrund bzw. auf den Straßenstrich getrieben werden und damit quasi in einem schutzlosen und unkontrollierten Raum arbeiten müssten.
Damit ihr alle den Hintergrund meiner Meinung versteht, ganz kurz meine Geschichte. Mein Mann und ich sind seit über 20 Jahren verheiratet. Mitte der 00er-Jahre kam unser gemeinsames Kind zur Welt. Da blieb nicht viel Zeit für körperliche Zweisamkeit. Nach dem das Kind in den Kindergarten kam und wir beide wieder Vollzeit gearbeitet haben, blieb noch weniger Zeit, denn der Haushalt musste ja auch noch irgendwie erledigt werden.
Ende der 00er-Jahre erzählte mir mein Mann dann, dass er regelmäßig in einen Puff oder Saunaclub geht. Gedacht hatte ich mir das schon, denn seine Touren mit dem Motorrad waren schon ungewöhnlich lang. Aber ich war nicht so schäbig, den Kilometerstand zu kontrollieren. Meine Reaktion darauf, hat ihn wohl sehr überrascht.
Das Erste, was ich sagte war: „Nenne mir einen Mann, der das noch nie getan hat.“ Da war er erstmal baff. Ich war eben schon immer sehr rational veranlagt und finde Filme wie „Dirty Dancing“ und „Titanic“ einfach grauenvoll. Da ist mir ein Thriller oder (niveauvoller) Actionfilm doch lieber.
Ich stellte 3 Bedingungen:
Nicht in unserer Stadt
Nicht verlieben
Es darf keinen negativen Einfluss auf die Haushaltskasse haben
So, jetzt fragt sich mit Sicherheit der ein oder andere: „Hää, wie geht das denn, hat die die zusätzlichen Abhebungen nicht bemerkt?“ Nein, habe ich nicht, weil wir getrennte Konten haben.
Mittlerweile bin ich mitten in den Wechseljahren, fühle mich etwas asexuell und habe trotz der in der Werbung so zahlreich angepriesen Mittelchen Schmerzen beim GV. Schmusen ja, GV nein. Also besucht er regelmäßig einen Wohnpuff und sagt mir auch immer, wann. So brauche ich mir keine Sorgen zu machen, wo er ist und wann er wiederkommt. Und wenn er mal im Stau steht, gibt ́s ne WhatsApp. Eifersüchtig bin ich überhaupt nicht, denn aus meiner Sicht nimmt er eine Dienstleistung in Anspruch, wie z. B. Taxifahrt, Restaurantbesuch, Friseur etc.
Aber eben diese Dienstleistung findet in einem für die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter geschützten Raum statt. Freier/Kunden, die sich nicht benehmen können, fliegen raus und bekommen Hausverbot, es wird ein Hygienestandard gewahrt und es gibt Notfallknöpfe.
Kommt das nordische Modell, ist dieses alles nicht mehr gewährleistet und die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sind im Prinzip der Willkür der Freier ausgesetzt. Ich würde mir dann auch Sorgen um meinen Mann machen. Entweder er weicht aus auf den Straßenstrich, wo man nie weiß, womit man es zu tun hat und ob nicht in der nächsten Sekunde ein Zuhälter im Wohnwagen steht und der Meinung ist, er müsste für die Dienstleistung mehr zahlen. Oder aber er müsste sich ein Hotelzimmer mieten und sich dort mit der Dame seiner Wahl treffen, was die ganze Sache unnötig verteuern
würde.
Also: Nordisches Modell ganz klar „Nein“, Verbot von Straßenstrich und illegaler Prostitution „Ja“.
BTW: Ich habe hier bewusst nicht gegendert, denn bei der Schreibweise
„Sexarbeiter*innen“ werden Frauen wieder mal zu Anhängseln, die wir ganz gewiss nicht sind!